- Tina Lechner
- Katharina Stiglitz
- 10—14.09.2025
- Project statement@Parallel
Sussudio präsentiert im Rahmen der PARALLEL Vienna 2025 ein Project Statement mit Arbeiten von Tina Lechner und Katharina Stiglitz.
Pavillon 13, Raum 011
Zur diesjährigen Edition der Parallel Vienna präsentiert der Kunstraum Sussudio—ein künstlerisches und kuratorisches Projekt zur Förderung und Sichtbarmachung österreichischer sowie internationaler Positionen aus Kunst, Design und Architektur—eine Gegenüberstellung der Arbeiten von Tina Lechner (*1981) und Katharina Stiglitz (*1979). Sussudio setzt dabei nicht auf neue Namen, sondern auf die Vertiefung bereits bestehender künstlerischer Dialoge. Sussudio versteht sich als Raum des Austauschs und der behutsamen Verdichtung. Ein Ort, an dem künstlerische Positionen nicht nur ausgestellt, sondern in Beziehung gesetzt werden. Oft entstehen daraus Dialoge, die über einzelne Arbeiten hinausweisen und formale ebenso wie inhaltliche Resonanzen sichtbar machen. Das Project Statement auf der Messe verbindet zwei Positionen, deren formale Bezüge—klare, teils geometrische Strukturen—ebenso ins Auge fallen wie die geteilte Haltung des Sich-Entziehens.
In Tina Lechners künstlerischer Praxis steht der weibliche Körper stets im Fokus und fungiert als Projektionsfläche für Fragen nach Identität, Transformation und Existenz. Ihre Fotografien zeigen hybride Wesen, ausgestattet mit eigens gefertigten Kostümen, Objekten und Requisiten aus unterschiedlichsten Materialien. Sind diese Figuren Mensch oder Maschine? Donna Haraway beschreibt den Cyborg als „ein Geschöpf in einer postgeschlechtlichen Welt“—eine Grenzgängerin zwischen Organischem und Technologischem, zwischen Natur und Kultur. In diesem Spannungsfeld verorten sich auch Lechners Bildwelten: Ihre Protagonistinnen verkörpern einen fluiden, nicht fixierten Zustand. Der Körper wird bearbeitet, ergänzt und verzerrt, um seine Verletzlichkeit und Vergänglichkeit sichtbar zu machen.
Katharina Stiglitz arbeitet in der Serie o. T. (Augenschein) mit spiegelnden Edelstahlobjekten, deren Oberflächen durch malerische Eingriffe partiell ihre reflektierende Wirkung verlieren. Diese Eingriffe setzen die Funktion des Spiegels als Mittel zur visuellen Rückmeldung außer Kraft und verwandeln ihn in ein Fragment; ein Bildträger ohne klares Bild. An die Stelle eines eindeutigen Spiegelbilds tritt eine gebrochene, unbestimmbare Struktur, die das Verhältnis von Sichtbarkeit, Bild und Wahrnehmung neu verhandelt. Der Titel verweist einerseits auf den visuellen Akt des Sehens, andererseits—in seiner juristischen Konnotation—auf den Versuch, durch unmittelbare Anschauung eine Tatsachenfeststellung zu treffen. Genau dieser Anspruch auf Klarheit und Evidenz wird bewusst unterlaufen. Die vermeintliche Objektivität des Sehens wird durch Materialität und Oberflächenstruktur der Werke infrage gestellt. Im Zentrum steht nicht das Sichtbare selbst, sondern die Bedingungen seiner Sichtbarkeit. Spiegelobjekte als aktive Oberflächen, die die Prozesse des Sehens, Erkennens und Bedeutens selbst zur Disposition stellen.
Im Dialog begegnen sich die beiden Künstlerinnen in der Verweigerung eines eindeutigen Gegenübers. Bei Lechner wenden sich die Protagonistinnen ab, kein Blick sucht die Kamera. Stiglitz hingegen zeigt Spiegel, die nicht mehr spiegeln, Oberflächen, die sich entziehen. Es sind Arbeiten des Widerstands, die sich unmittelbarer Lesbarkeit verweigern und einen Moment der Entschleunigung erzwingen. Die verlangsamte Betrachtung der haptisch-analogen Werke der Künstlerinnen findet ihre Entsprechung in Abwesenheit, Zwischenräumen, Leerstellen. Es geht um ein Sich-Entziehen—vom Bild, vom Spiegel, vom direkten Blick. Was bleibt, wenn der Mensch dieser Entfremdung gegenübersteht? Öffnen sich Räume oder schließen sie sich? Der innere Widerstand wird im Außen sichtbar und lässt einen Zwischenraum entstehen, in dem Abwesenheit zur stillen Form der Präsenz wird. (Livia Klein)
Sussudio will be presenting a Project Statement at PARALLEL Vienna 2025 featuring works by Tina Lechner and Katharina Stiglitz.
Pavillon 13, Room 011
For this year's edition of Parallel Vienna, the Art Space Sussudio—an artistic and curatorial project promoting and showcasing Austrian and international positions in art, design, and architecture—presents a juxtaposition of works by Tina Lechner (*1981) and Katharina Stiglitz (*1979). Sussudio does not focus on new names, but rather on deepening existing artistic dialogues. Sussudio sees itself as a space for exchange and careful consolidation. A place where artistic positions are not only exhibited, but also placed in relation to one another. This often gives rise to dialogues that go beyond individual works and reveal formal
and content-related resonances. The project statement at the fair connects two positions whose formal references—clear, partly geometric structures—are as striking as their shared attitude of elusiveness.
In Tina Lechner's artistic practice, the female body is always the focus and serves as a projection surface for questions of identity, transformation, and existence. Her photographs show hybrid beings, equipped with specially made costumes, objects, and props made from a wide variety of materials. Are these figures human or machine? Donna Haraway describes the cyborg as “a creature in a post-gender world”—a border crosser between the organic and the technological, between nature and culture. Lechner's visual worlds are also situated in this field of tension: her protagonists embody a fluid, unfixed state. The body is manipulated, supplemented, and distorted to reveal its vulnerability and transience.
In her series Untitled (Augenschein), Katharina Stiglitz works with reflective stainless steel objects whose surfaces partially lose their reflective effect through painterly interventions. These interventions override the mirror's function as a means of visual feedback and transform it into a fragment; an image carrier without a clear image. A distinct mirror image is replaced by a broken, indeterminable structure that renegotiates the relationship between visibility, image, and perception. The title refers, on the one hand, to the visual act of seeing and, on the other hand—in its legal connotation—to the attempt to establish facts through direct observation. It is precisely this claim to clarity and evidence that is deliberately undermined. The supposed objectivity of seeing is called into question by the materiality and surface structure of the works. The focus is not on the visible itself, but on the conditions of its visibility. Mirror objects as active surfaces that call into question the processes of seeing, recognizing, and meaning.
In dialogue, the two artists encounter each other in their refusal to engage in direct confrontation. In Lechner's work, the protagonists turn away, no gaze seeks the camera. Stiglitz, on the other hand, shows mirrors that no longer reflect, surfaces that elude us. These are works of resistance that refuse immediate legibility and force a moment of deceleration. The slowed-down viewing of the artists' haptic-analog works finds its counterpart in absence, interstices, empty spaces. It is about withdrawal—from the image, from the mirror, from the direct gaze. What remains when humans are confronted with this alienation? Do spaces open up or close? Inner resistance becomes visible on the outside and creates an interstice in which absence becomes a silent form of presence. (Livia Klein)